„Jeden Morgen das gleiche Schauspiel: Der Wecker klingelt, der Arm schießt aus der Decke und drückt auf den berühmt-berüchtigten „Snooze“-Knopf. 5 Minuten, 10, 15. Das Bett fühlt sich mit jeder Minute wärmer und gemütlicher an, während das schlechte Gewissen schleichend zunimmt. Das Tageslicht, das durch die Vorhänge dringt, scheint uns kritisieren zu wollen, und der Wecker, dieser kleine Schelm, klingelt und klingelt. Er möchte uns wohl daran erinnern, dass die Welt da draußen etwas von uns will, die Arbeit, die Schule, der Tag, sie warten alle. Und mit jedem Klingeln steigen der Druck, das Schuldgefühl und damit der Trotz in uns – wir sind doch erwachsen, warum müssen wir uns noch immer morgens aus dem Bett quälen, als müssten wir rechtzeitig den Schulbus erwischen? Das Drücken des Snooze-Buttons wird somit zu einem kleinen Akt der Rebellion gegen die nicht enden wollenden Pflichten des Alltags.
Letztlich erinnert uns der Wecker daran, dass wir zwar den Morgen verzögern, aber das Leben nicht aufhalten können.“
Aus: „Kleine Gefühle“ von Hans-Christian Biller, 2024, Carl-Auer-Systeme-Verlag, Heidelberg.